Jeder Mensch kennt sicher eine Person in seinem Umfeld, die komische Angewohnheiten an den Tag legt. Es wird viermal kontrolliert, ob die Herdplatte auch wirklich aus ist, die Haustür abgeschlossen und der Kühlschrank zu ist. Was für Außenstehende oft belustigend wirkt, bedeutet für Betroffene oft eine massive Beeinträchtigung der Lebensqualität. Der Übergang von einer komischen Marotte zu einer ernst zu nehmenden Krankheit ist oft fließend.
Laut Experten erkranken rund zwei Millionen Menschen in Deutschland in ihrem Leben an einer Zwangsstörung. Trotz großer Fortschritte in der medikamentösen und therapeutischen Behandlung von Zwangserkrankungen verbessern sich nur bei der Hälfte der Erkrankten die Symptome langfristig. Ohne eine Auflösung der Ursachen ist es allerdings schwer, das zwanghafte Verhalten in den Griff zu bekommen und zu kontrollieren.
Hinzu kommt oft die Angst vor Ablehnung und Ausgrenzung, welche die Betroffenen im Umgang mit ihren Mitmenschen plagt. Denn obwohl Erkrankte ihr Verhalten und ihre Gedanken selbst als grotesk und übertrieben wahrnehmen, ist es für sie unmöglich, diese abzustellen.
Das Krankheitsbild von Zwängen
Eine Zwangsstörung ist eine psychische Störung, die oft schon im Jugendalter auftritt und sich dann im Erwachsenenalter manifestiert. Zwangsstörungen zeichnen sich vor allem durch wiederkehrende, unerwünschte Gedanken und zwanghafte Handlungen aus.
Betroffene, die an Zwangsgedanken leiden, erleben immer wieder die gleichen, unangenehmen und unerwünschten Gedankengänge, die sie quälen, vor denen sie sich ekeln und die ihnen Angst machen. Sie haben keine Kontrolle über ihre eigenen Gedankengänge.
Zwangshandlungen oder -rituale haben oft zum Ziel, das Unbehagen, welches durch die Zwangsgedanken ausgelöst wurde, zu verringern. Der Betroffene fühlt sich dazu gedrängt, diese Handlungen auszuführen, obwohl er sie selbst als übertrieben erkennt.
Ursachen von Zwangsstörungen
Es lassen sich bei der Entstehung von einer Zwangsstörung zwei verschiedene Ursachen identifizieren: Die genetische Disposition und die Lerngeschichte eines Erkrankten, die sich durch frühkindliche Erfahrungen, Erlebnisse und die Erziehung auszeichnet. Meist ist es eine Kombination aus beiden Ursachen, die eine Zwangsstörung hervorruft.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei der Vererbung in betroffenen Familien eine erhöhte „Vulnerabilität“, also Anfälligkeit weitergegeben wird, in Situationen, die der Betroffene als unangenehm empfindet, mit Zwangssymptomen zu reagieren.
Die individuelle Lerngeschichte eines Betroffenen prägt sich meist schon in der frühen Kindheit. Es entwickeln sich Problembereiche, die die Entwicklung von Zwangsstörungen beeinflussen. Ein wichtiger Bestandteil ist hierbei die Erziehung.
Betroffene, die beispielsweise in ihrer Kindheit bereits einen extremen Sauberkeitsdrang der Eltern vorgelebt bekommen haben, sind gefährdet, diesen zu adaptieren. Dieser Drang nach Hygiene kann sich zu einer Zwangsstörung entwickeln. Das Gleiche gilt für andere Erziehungsformen, zum Beispiel extremen Leistungsdruck, stetige Überwachung durch die Eltern oder das Vorleben von ritualisierten Abläufen.
Aber auch traumatische Erlebnisse im jungen Alter können in der weiteren Entwicklung Zwangsstörungen hervorrufen. Der frühe Verlust eines Verwandten oder eines Haustieres, Brutalität in der Familie oder sexuelle Übergriffe können Zwangsstörungen auslösen.
Symptome bei Zwangsstörungen
Zwangsstörungen können in vielfältiger Weise auftreten. Der Großteil der Betroffenen leidet sowohl an Zwangsgedanken als auch an Zwangshandlungen.
Bei einer Untergruppe der Erkrankten besteht der Zwang jedoch ausschließlich aus aufdringlichen Gedanken. Diese äußern sich meist in aggressiven, sexuellen oder religiösen Inhalten. Trotz ausbleibender Zwangshandlungen können diese Gedanken derart quälend und belastend für Betroffene sein, dass sie sich kaum noch auf ihren Alltag konzentrieren können.
Zu den häufigsten Symptomen der Zwangshandlungen zählen:
- Wasch/ Reinigungszwang
Die Betroffenen haben massive Verunreinigungsängste („Kontaminationsängste“). Die panische Angst und der Ekel vor Viren, Bakterien, Schmutz, aber auch Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen bestimmen ihre Gedanken. Das Benutzen von öffentlichen Sanitäranlagen, aber auch Hoteltoiletten oder Badezimmern von nahen Bekannten oder Familienmitgliedern ist für die Betroffenen undenkbar. Aber auch der Kontakt mit kranken Personen löst enorme Kontaminationsängste aus. Die stetige Angst und der Ekel vor Schmutz und Viren verleitet Betroffene zu einem extremen Reinigungszwang. Dieser Zwang zeigt sich in der sich regelmäßig wiederholenden Reinigung des eigenen Körpers, der Wohnung und des Autos. - Kontrollzwang
Der Kontrollzwang ist wahrscheinlich der am weitesten verbreitete Zwang. Betroffene kontrollieren beispielsweise beim Verlassen der Wohnung mehrmals, ob der Wasserhahn nicht tropft, alle Elektrogeräte ausgeschaltet sind und alle Fenster und Türen geschlossen sind. Die Angst vor einem möglichen Brand, Wasserschaden oder Einbruch ist so groß, dass diese Kontrollen in Extremfällen weit über 10-mal durchgeführt wird. - Sammelzwang
Die Angst davor, etwas wegzuwerfen, was sich in der Zukunft noch als wichtig erweisen könnte, ist so groß, dass der Betroffene alles Mögliche ansammelt. Wird doch mal etwas entsorgt, was ihm im Endeffekt als wichtig erscheint, verfolgt das den Betroffenen ununterbrochen in seinen Gedanken. - Wiederhol- und Zählzwang
Der Wiederhol- und Zählzwang geht oft mit dem magischen Denken einher. Ein häufiges Phänomen ist beispielsweise das Klopfen an den Flugzeugrumpf beim Betreten der Maschine. Betroffene haben eine magische Zahl X im Kopf. Falls sie nicht X mal gegen das Flugzeug klopfen, stürzt die Maschine ab.
Oft weiten sich diese Zwangshandlungen regelrecht zu Ritualen aus. Wenn einer dieser Vorgänge im Auge des Betroffenen nicht richtig ausgeführt wird, muss er ihn so lange wiederholen, bis er zufrieden mit der Ausführung ist.
Zu den häufigsten Arten von Zwangsgedanken zählen:
- Ansteckung oder Schmutz
- Sexuelle Praktiken
- Magisches Denken („Wenn ich nicht fünf Schlücke Wasser trinke, wird einer wichtigen Bezugsperson etwas Schlimmes widerfahren“)
- Überlegung sich selbst oder andere zu verletzen oder ihnen Schaden zuzufügen
- Angst etwas Unangenehmes zu sagen oder zu tun
- Religiöse Inhalte
- Symmetrisches Anordnen von Dingen
Erfolgreiche Behandlungsmethode gegen Zwang: Hypnose
Die klassische Behandlung bei Zwangsstörungen und Zwängen sind medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungen. Bei diesem schulmedizinischen Ansatz wird der Patient wiederholt mit den Gegenständen oder Situationen konfrontiert, die den Zwang auslösen. Die Patienten dürfen allerdings keine der Zwangshandlungen ausführen, was zu einer großen inneren Anspannung, Stress und extremen Druck führt. Kein Wunder also, dass die Rückfallraten sehr hoch sind, von bis zu 90% ist die Rede.
Hypnose gegen Zwang wirkt hingegen im Unbewussten, von Innen heraus. Die gewünschten Veränderungen sind deshalb sehr viel besser zu erreichen.